…das hat sich Lena gefragt. Sie unterstützt zurzeit das FUMO-Team tatkräftig im Rahmen eines LEADER-Projektes mit dem Schwerpunkt Mobilität und Klimaschutz und bestreitet ihre beruflichen und privaten Wege mit Öffentlichen Verkehrsmitteln. Ihre Gedanken dazu möchten wir euch nicht vorenthalten:
„Seit Anfang September arbeite ich nun im Technologiezentrum in Mondsee – wohne aber mitten in der Stadt Salzburg. Eine eigentlich klassische Trennung von Wohn- und Arbeitsplatz, wie man sie so oft kennt. Nur pendle ich nicht mit dem Strom, sondern dagegen. In der Früh raus aus der Stadt, während mir Autos und volle Busse mit Einpendler:innen entgegenkommen, sitze ich fast allein in meinem Bus über den doch sehr idyllischen Weg in Richtung Mondsee. Knapp eine Stunde fahre ich bis zum Busterminal, um dort mit zehnminütiger Umstiegszeit in den nächsten Bus zum Gewerbegebiet am Mondsee zu kommen. Insgesamt bin ich von Tür zu Tür so knapp 1 ½ Stunden unterwegs – mit dem Auto wären es nur 40 Minuten. Aber warum ist das eigentlich so? Und müssen Öffentliche Verkehrsmittel wirklich immer der unbequemere Weg sein?
Im städtischen wie im ländlichen Raum und vor allem dazwischen sind die Fragen der Mobilität und vor allem nach einer nachhaltigen Mobilität nicht mehr wegzudenken. Im privaten wie beruflichen beschäftige ich mich, wie so viele andere, fast gezwungenermaßen tagtäglich mit diesem Themenfeld. Nicht nur zur Bekämpfung der Klimakrise ist gerade der Verkehrssektor einer der zentralsten Stellschrauben. Auch im Kampf für Klimagerechtigkeit sind Fragen der Mobilität bestimmende Faktoren.
Klimagerechtigkeit als Konzept fußt auf der Tatsache, dass die Klimakrise inhärent eine Gerechtigkeitskrise darstellt. Denn die Folgen des Klimawandels betreffen uns nicht alle gleich – sondern hochgradig ungleich. Global spüren die Länder, die am wenigsten Treibhausgasemissionen verursachen – die Länder des sogenannten globalen Südens – schon jetzt in deutlich stärkerem Ausmaß die Folgen der Klimakrise: Dürren, Hitzetote, Hungersnöte, Wasserknappheit, Wetterextreme, Bürgerkriege. Während die Hauptverursacher, die Länder des sogenannten globalen Nordens, zwar auch erste Folgen spüren, aber noch sehr gut davonkommen. Aber nicht nur global, sondern auch lokal betrachtet ist die Klimakrise ungerecht. Denn auch bei uns verursachen nicht alle Menschen gleich viele Emissionen oder leiden unter den Folgen des Klimawandels ähnlich stark. Arme Menschen sind beispielsweise sehr viel öfter und direkter von Klimawandelfolgen betroffen als reiche Menschen.
Diese Erkenntnis zu haben kann weh tun. Denn ich bin ja auch eine dieser eher reichen Personen aus einem Land des globalen Nordens und verursache tagtäglich mit meinem Handeln irgendwo katastrophale Folgen. Aber bin es wirklich nur ich?
Kommen wir wieder zurück zur Mobilität. An Beispielen lassen sich große philosophische Fragen ja häufig am besten herunterbrechen. Auch in der Frage um die Mobilität der Zukunft stellen sich Gerechtigkeitsfragen. Wer hat Zugang zu Mobilität? Und zu welcher Form von Mobilität? Wie können wir eine Mobilitätswende nicht nur ökologisch nachhaltig, sondern vor allem auch sozial nachhaltig gestalten?
Grundsätzlich haben eigentliche alle Menschen ein Recht auf Mobilität und damit verknüpft auch an Teilhabe an der Gesellschaft. Aber momentan ist dies nicht die Realität. Menschen mit mehr Geld können sich in der Regel mehr und bessere Mobilitätsformen leisten – beispielsweise ein Auto. In unserer momentanen Gesellschaft und im Aufbau unserer Städte sind wir zu einem großen Teil auf Autos angewiesen. Wobei auch hier wieder eine größere Frage dahintersteht. Nämlich, warum wir denn eigentlich so sehr auf Autos bzw. den motorisierten Individualverkehr angewiesen sind?
Ein kurzer Exkurs in die Stadtplanungsgeschichte der letzten Jahrzehnte beantwortet dies recht schnell. In den Nachkriegszeiten der Weltkriege war die Wohn- und Lebenssituation in den Städten häufig miserabel. Zu viele Menschen auf zu kleinem Raum, dazu noch Fabriken und Industrien. All das verschmutzte die Städte und machte sie wenig lebenswert. Als Gegenmaßnahme entwarf man das Konzept einer funktionsgetrennten Stadt. Wohnen und Arbeiten sollten getrennt werden. Aber wie ermöglicht man es, dass Menschen schnell und effizient zwischen Wohn- und Arbeitsort hin- und herkommen? Richtig! Mit dem Auto – die Idee der autogerechten Stadt revolutionierte die Planung und auch das Leben aller Menschen – bis heute. Denn trotz neuer Leitbilder sind die Strukturen der letzten Jahrzehnte die, die momentan in unseren Städten und im Umland bestehen.
Nach und nach gibt es immer mehr Bemühungen, diese Strukturen zu ändern oder anders zu nutzen. Trotzdem ist und bleibt nach wie vor das Auto das beliebteste Verkehrsmittel – eben auch, weil es das bequemste, schnellste und vermeintlich praktischste ist. Wir sind daran gewohnt, dass wir überall hin mit dem Auto fahren können und dürfen. Aber muss das sein?
Diese Frage versuche ich in meinem Leben ohne Auto tagtäglich mit nein zu beantworten. Allerdings sehe ich auch, dass es unzählige Regionen gibt, wo eine Mobilität ohne Auto schlichtweg nicht möglich oder nur sehr schwer möglich ist. Auch ich brauche für meinen Arbeitsweg doppelt so lang, da ich auf das Auto verzichte. In meinem tagtäglichen Leben in der Stadt funktioniert Leben ohne Auto ganz gut. Würde ich hier in der Region leben, weiß ich nicht, ob mein Schluss der gleiche wäre. Denn man möchte und hat ja auch das Recht darauf, mobil zu sein.
Solche Gedanken, Argumentationsketten und große Fragen stelle ich mir sehr viel in meinem Leben und so wirklich zu einem Entschluss bin ich trotzdem noch nicht gekommen. Außer, dass wir dringend handeln müssen und das funktioniert auf individueller Ebene, so wie es eben für jede Person möglich ist. Was aber auch helfen würde, ist, sich der Ungerechtigkeiten, die man selbst erlebt, bewusst zu werden sowie sich in Gruppen zu organisieren und zu versuchen, auf diese Weise etwas nachhaltig zu verändern.“